Blockchain Dich reich!
Frage von einem Vorstand einer gemeinnützigen Organisation: „Wie komme ich am einfachsten an eine Million Euro?“ Meine Antwort: „Indem Sie vor 12 Jahren 3 Euro in Bitcoins investiert hätten!“. (Mein Gedanke: „Hätte ich das bloß selbst getan!“) Tatsächlich kostete ein Bitcoin 2010 nicht mehr als 10 Cent. Heute wird er für ca. 30.000 Euro gehandelt.
Bitcoins sind das bekannteste Produkt der neuen Blockchain-Technologie. Aber was ist das eigentlich – eine Blockchain? Das verstehen, wenn man ehrlich ist, wohl nur echte IT-Nerds. Ich mache es mir daher einfach und zitiere das Gabler Wirtschaftslexikon: „Technisch stellt die Blockchain eine dezentrale Datenbank dar, die im Internet auf einer Vielzahl von Rechnern gespiegelt vorliegt. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass ihre Einträge in Blöcken zusammengefasst und gespeichert werden.“
Was wichtig ist: Blockchains können im Nachhinein nicht geändert werden. Damit machen sie alle Dinge, die in Blockchains gespeichert werden, 100 % wahr und sicher. Das lässt sich wiederum gut verwenden – auch fürs Fundraising. Hier ein Überblick über das, was heute schon möglich ist:
1. Klar, wenn es digitale Währungen gibt, sollte man auch damit spenden können. Möglich ist das zum Beispiel schon bei Unicef International oder bei SOS Kinderdorf Österreich. Ein Zugzwang, diese Spendenwährung schnellstmöglich auf der eigenen Spenden-Website einzuführen, besteht allerdings nicht. Bitcoin & Co. sind noch lange keine Verkehrswährung und wer mit Bitcoins spekuliert, tauscht sie vorm Spenden auch gerne wieder in Euros um.
2. Neben den digitalen Währungen sind die NFTs (Non-Fungible Tokens) die zurzeit prominenteste Anwendung von Blockchains. NFTs sind digitale Erzeugnisse, die nicht kopierbar sind. Sie werden überwiegend für digitale Kunstwerke verwendet. Diese lassen sich – wie klassische Kunstwerke – natürlich auch im Fundraising einsetzen, indem sie zugunsten einer Organisation versteigert oder verkauft werden. Vorreiter in Deutschland: der WWF, auf dessen Website man sogenannte Non-Fungible Animals kaufen kann, digitale Kunstwerke bekannter Künstler von vom Aussterben bedrohten Tierarten. Vorteil von NFTs gegenüber klassischen Kunstwerken: Sie sind in höherer Stückzahl produzierbar.
3. Dieser Punkt ist eher eine Spielerei: Blockchains benötigen Rechnerkapazität. Wo diese Rechnerkapazität auf der Erde steht oder wer sie zur Verfügung stellt: Egal! (Deswegen sind Blockchains auch nicht gerade sooo umweltfreundlich.) Und Rechnerkapazität hat einen Wert. Einen Wert, den man sich bezahlen lassen oder den man spenden kann – zum Beispiel hier:
4. So richtig zum Einsatz kommt die Blockchain-Technologie im Fundraising aber erst, wenn man sie direkt als Instrument von Transparenz und Wirkungsnachweis verwendet. Dann wird es allerdings wirklich spannend! Beispiel: die neue Zakat-Spendenapp des UNHCR. Sie ermöglicht es den Spender*innen, ihre konkrete Spende zu verfolgen. Das ist wichtig, denn Zakat-Spenden dürfen nur an individuelle Menschen gehen. Mit Hilfe von Blockchains konnte der UNHCR dieses muslimische Gesetz erfüllen.
Wer das nicht selbst installieren möchte, kann heute schon auf eine Spendenplattform mit Tracking-Funktion zurückgreifen: www.givetrack.org. Mit Hilfe von Blockchain-Technologie stößt Spenden-Transparenz in eine neue Dimension vor: Der Spender oder die Spenderin kann genau verfolgen, wofür seine bzw. ihre – und zwar wörtlich: seine/ihre selbst getätigte – Spende genau ausgegeben und verwendet wird. Spendenskandale gehören der Vergangenheit an.
Leider hat alles Gute im Leben einen Haken. Das ist bei der Blockchain-Technologie nicht anders. Das Spenden via digitaler Währungen erlaubt nämlich komplett anonymes Spenden. Das ist schön für Spender*innen, die das wollen. Aber sind wir ehrlich: Jede Spende ohne mindestens Name, Adresse und E-Mail verursacht uns Fundraiser*innen eine schlaflose Nacht. Oder etwa nicht? ;-)
Über den Kolumnisten
Dr. Christian Gahrmann ist Experte für strategisches Fundraising und passionierter Geschichtenerzähler. Nach Stationen als Fundraiser bei der Deutschen Diabetes Stiftung, Roland Berger Strategy Consultants und der China-EU School of Law arbeitet Christian Gahrmann seit 2012 als selbstständiger Fundraising-Berater (www.christian-gahrmann.de).
Zu seinen Beratungsschwerpunkten gehören unter anderem die erfolgreiche Gestaltung und Umsetzung von Fundraising in den sozialen Medien. Er ist Gründer der größten Fundraiser-Community (www.nachhaltiges-fundraising.de) und der größten Spender-Community (www.traumspender.de) auf Facebook.