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Nach dem Erwägungsgrund (47) der Datenschutz-Grundverordnung kann „die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden“. Das gilt sowohl für Angebote des Verantwortlichen als auch für Angebote von Dritten, also unabhängig davon, ob zwischen dem Werbenden und dem Betroffenen zuvor ein Kundenverhältnis bestanden hat. So bestätigt eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Stuttgart vom 25.02.2022, Aktenzeichen 17 O 807/21, die Zulässigkeit des Lettershop-Verfahrens und das berechtigte Interesse an einer postalischen Neukundenwerbung mit Fremdadressen.

Die Aufsichtsbehörden finden auch hier einen Ansatzpunkt zur Kritik, wie die „Orientierungshilfe Werbung“ zeigt. So sei die Werbeselektion in einer Adressdatei nach Postleitzahl oder (wenig praxisnah) Alphabet noch zulässig, würde man aber automatisierte Selektionsverfahren unter Verwendung externer Datenquellen für die Erstellung von Werbescores verwenden, so bräuchte man hierfür eine Einwilligung, das berechtigte Interesse wäre dann nicht mehr gegeben.

Die Erstellung umfassender Persönlichkeitsprofile mit der Zuschreibung zahlreicher Eigenschaften ist durchaus diskussionswürdig, allerdings sollte man von Google, Facebook & Co. nicht auf die Mehrzahl der deutschen Anbieter von Werbeadressen schließen. In der Praxis werden keine umfangreichen Profile Betroffener vorgehalten, sondern man beschränkt sich auf Kontaktdaten, also die früher vom Bundesdatenschutzgesetz privilegierten Listendaten, und speichert erst für die Werbeselektion temporär aggregierte Daten auf Zellebene – soziodemografische Daten, geographische Daten oder vorhandene Metadaten vorheriger Marketingmaßnahmen – hinzu, die dann nach dem Herausfiltern des Aussendebestands wieder gelöscht werden. So hat etwa ein Hersteller von Rasenmähern ein durchaus nachvollziehbares Interesse, eher Bewohner von Eigenheimen als von Hochhäusern anzuschreiben.

Wie das Oberlandesgericht Düsseldorf am 05.01.2021, Aktenzeichen IV-2 RBs 191/20, feststellte, können etwa die im Internet bei Google Maps oder Google Earth abrufbaren Luftbildaufnahmen als Quelle für allgemeinkundige Erkenntnisse zu örtlichen Gegebenheiten herangezogen werden. Die für eine postalische Kommunikation erforderlichen Anschriften lassen sich auch regelmäßig in der Öffentlichkeit durch Blick auf Ortsschild, Straßenschild, Hausnummer und Briefkastenbeschriftung gewinnen.

Insofern besteht die Hoffnung, dass die (Phantom-)Diskussion über die Zukunft des Adresshandels nicht den Blick auf die tatsächlich praktizierte Form der Fremdadressenwerbung verstellt. Wie werbetreibende Unternehmen angesichts der wettbewerbsrechtlichen Werbebeschränkungen für E-Mail, Telefax und Telefon auf andere Weise als durch eine postalische Direktwerbung ebenso wirksam mit potentiellen Neukunden in Kontakt treten können, ist nicht erkennbar.

Auch die Weitergabe von Daten für Werbezwecke dürfte im Übrigen nach wie vor aufgrund einer Interessenabwägung möglich sein, welche die beteiligten Grundrechtspositionen in Einklang bringt, etwa durch eine Beschränkung auf die früheren Listendaten oder auf Daten aus allgemein zugänglichen Quellen. Dies generell einem Einwilligungsvorbehalt zu unterstellen, würde nicht alle in ihrem Art. 1 (1) formulierten Ziele der DS-GVO berücksichtigen, welche lauten: „Diese Verordnung enthält Vorschriften zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Verkehr solcher Daten“.

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