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1/2013 | Deutschsprachige Ausgabe

Kolumne: Müllerleile meint…

Namen und Titel sind heilig
Von Dr. Christoph Müllerleile
 
Dr. Christoph Müllerleile Es sollte das Mailing des Jahres werden. Wir hatten an alles gedacht. Doch unser Lettershop übersah eine Kleinigkeit: die Adressaten hatten keine Titel. Die Rubrik war beim automatischen Adressieren einfach unter die Räder gekommen. Die Doktoren verloren die Promotion, die Professoren die Professur, die Freifrauen ihre Adelstitel. Der Sturm der Entrüstung war entsprechend. „Wieso reden Sie mich plötzlich nicht mehr mit Titel an?“ „Hat Ihnen mein Nachbar wieder mal geschrieben, dass ich gar nicht promoviert bin?“ „Wird nun auch in Deutschland der Adel abgeschafft?“ „Wenn Sie nicht wissen, wer ich bin, brauchen Sie mich auch nicht mehr anzuschreiben“ waren die freundlicheren Reaktionen. Dem Spendenerfolg des Mailings tat das äußerlich keinen Abbruch. Es gab genügend andere ohne Titel, und wir wussten ja nicht, wie viel mit korrekter Schreibweise zusammen gekommen wäre. Von den Titelträgern allerdings bekamen wir kaum etwas.
 
Namen und Titel sind heilig. Wer jemanden, von dem er etwas haben will, mit falschem Namen und ohne Titel anspricht, hat eine Chance vergeben, denn wie soll das anders interpretiert werden als dass man den anderen eigentlich nicht kennt. Wohl ist es wahr, dass wir unsere akademischen Grade nicht wie eine Monstranz vor uns hertragen. Aber in den meisten Fällen haben wir Jahre damit verbracht, sie uns zu erwerben, oder sind mit einem Adelstitel aufgewachsen, der uns gewöhnlich Türen öffnet.
 
Wer sich zum Beziehungsmarketing bekennt und sich einiges vom Großspenderfundraising verspricht, sollte penibel auf vollständige und korrekte Schreibweise von Namen und Anreden achten. Wie schnell ändern schludrige Eingaben, moderne Korrekturprogramme oder nicht sorgfältig gesteuerte Doublettenabgleiche Namen ab, und Spenderinnen und Spender gehen für immer verloren.
 
Das beginnt schon mit der Anrede Herr oder Frau. Wenn ich Briefe oder E-Mails mit der Anrede „Frau Christoph Müllerleile“ und der Grußanrede „Liebe Frau Müllerleile“ bekomme, wandern sie ungelesen in den Papierkorb. Denn die Absender kennen mich ja offenbar nicht. Wenn Hubert Graf v. Zitzewitz Post mit der Anrede „Herrn Graf Hubert von Zitzewitz“ und der Grußformel „Sehr geehrter Herr Zitzewitz“ oder „Sehr geehrter Herr Graf“ bekommt, muss der Absender schon das Gericht oder ein guter Freund sein, damit er den Brief öffnet. Bereits der feine Unterschied zwischen abgekürztem und ausgeschriebenem „von“ ist wichtig, denn das „v.“ unterscheidet alten Adel vom reinen Namensadel. Die richtige Adressierung und Begrüßung ist das A und O des Fundraisings.
 
Bei den Titeln kommt es darauf an, welche der Adressat oder die Adressatin selber gerne führt. Das ersieht man aus deren Korrespondenz noch besser als durch persönliche Befragung. Viele werden bei Nachfrage auf Titel verzichten, möchten aber trotzdem gerne damit angeredet werden. Der „Dr.“ ist Namensbestandteil und gehört auf jeden Fall genannt, der „Dr. h.c.“ dann, wenn der oder die Betreffende ihn im Briefkopf und Briefverkehr benützt. Bitte auf keinen Fall den „Dr.“ ausschreiben. Bei „Sehr geehrter Herr Doktor Müllerleile“ werde ich sauer; ich bin kein Arzt. Auch der Professor gehört dazu, aber in der Grußformel besser nicht abgekürzt, also zwar „Herrn Prof. Dr. Herbert Kurtz“ in der Adressierung, aber in der Begrüßung „Lieber Herr Professor Kurtz“, ohne den „Dr.“.
 
Ganz klar, dass der M.A. nach dem Namen genannt wird, wenn der Adressat das selbst auch tut, und der Magister vor dem Namen, wenn der Adressat das so praktiziert. Der Dipl.Ing. oder Dipl.Vw. gehört ins Adressfeld, aber nicht in die Grußformel, es sei denn — wie stets — der Adressat legt offenbar Wert darauf. Der Oberingenieur in Österreich ist obligatorisch, der Magister auch. Aber Österreich als deutsch- und die Schweiz als mehrsprachiges Land wären gesonderte Kapitel, mit deren Titelgebrauch man Bücher füllen könnte.
 
Eben so wichtig wie der korrekte Gebrauch des Titels ist die korrekte Schreibweise der Namen. Wenn jemand Voß heißt, sollte er nicht zu Voss gemacht werden, ein Mueller nicht Müller. Hofmann ist nicht Hoffmann, Schmidt nicht Schmitt. Wenn jemand seinen Nachnamen ohne Bindestrich schreibt, bleibt das auch so, also Große Schmittner statt Große-Schmittner. Nachnamen auf keinen Fall abkürzen, sondern genügend Platz in der Database auch für Sonderschreibweisen lassen, es sei denn, der Betreffende kürzt selber.
 
Bei ausländischen Namen gilt es, sich deren Namensgepflogenheiten anzupassen und die Akzente auf den Buchstaben zu beachten. Wenn die Akzente allerdings so ungewöhnlich sind, dass sie von keinem gängigen Schriftprogramm verarbeitet werden können und Gefahr von Buchstabensalat besteht, muss man sie weglassen.
 
Aufpassen sollte man auch bei Vornamen. Eckehard gibt es in mindestens zehn verschiedenen Variationen als Eckehart, Eckehard, Eckehardt, Ekkehart etc. Andrea ist ein männlicher italienischer und ein weiblicher deutscher Vorname, Kai und Uli werden ebenfalls von beiderlei Geschlecht benutzt. Peinlich, wenn sich falsche Anreden und Schreibweisen dann durch einen ganzen Brief ziehen.
 
Namen und Titel sind heilig. Ihre korrekte Eingabe und sorgsame Pflege hängt von der Qualität des damit befassten Personals ab. Wer die Eingabe unterbezahlten, wenig motivierten und nicht genügend eingewiesenen Datentypisten überlässt, verliert Förderer, verschenkt einfach sein Potential. Es sollten zumindest Muttersprachler sein. Wenn ich von jemandem permanent mit „Mütterleile“ statt „Müllerleile“ angeschrieben und dann auch telefonisch mit dem falsch eingegebenen Namen belästigt werde („Sie haben doch früher so viel gespendet, lieber Herr Mütterleile, und jetzt sind die Kinder in Bangladesch ganz traurig, dass Sie, lieber Herr Mütterleile, nichts mehr von sich hören lassen.“), fühle ich mich nicht ganz ernst genommen und reagiere selbstverständlich nicht mit einer Spende, eher schon mit abruptem Gesprächsende und „Annahme verweigert“.
 
 
Zum Autor:
 
Dr. Christoph Müllerleile ist freier Fachautor für Fundraising und Philanthropie. Der Kommentar stellt seine persönliche Meinung dar.
Kontakt: muellerleile@fundraising-buero.de

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